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Nachruf auf Jeff Beck - Abschied von einem Visionär

Nachruf auf Jeff Beck - Abschied von einem Visionär

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(Foto: Daniel Knighton/Getty Images)

Slash meinte einmal zu Jeff Beck, er sei für ihn der „Picasso der Rock-Gitarre“. Worauf Jeff blitzschnell konterte, er habe sich immer als den Jackson Pollock gesehen. Genau das fasst die erfrischend eigenständige, unprätentiöse und humorvolle Art von Jeff zusammen. Er war keiner, der sich die Rolle des Lead-Gitarristen herausgenommen hat. Ganz im Gegenteil: Die Leute wollten einfach immer hören, was er einem Song beizusteuern hat.

Natürlich war er ganz von Anfang an mit dabei: Zu einer Zeit, in der es schier jeder Londoner Vorstädter schaffen konnte – ob er nun Clapton, Beck, Page, Townshend oder Blackmore hieß. Alles, was man dafür tun musste, war die Pop-Musik neu zu erfinden und mit einem immens starken konservativen Kanon der Elterngeneration zu brechen. Darüber hinaus hatte man noch ein ausgefuchster Gear-Head zu sein – sonst kam man nämlich gar nicht erst auf die Idee, neuartige Amps von Jim Marshall mit Fuzz-Boxen aus Royal-Air-Force-Bauteilen zusammenzuschalten. Um es nochmal zu betonen: Damals waren Rockgitarristen wirklich noch ziemlich irre Typen an der Spitze einer waghalsigen Revolution.

Nachruf auf Jeff Beck: Hier kreiiert Jeff im Jahr 1966 für die damalige Zeit enorm progressive Gitarrensounds und -melodien

Jeff Beck hat nie den Rockstar oder den Poser heraushängen lassen. Denn diese Klischees gab es 1966 noch nicht, als er mit der Gitarre „surreale Avenues für die elektrische Gitarre“ schuf – so lobte ihn Andy Warhol seinerzeit. Das alles fand damals in gerade einmal 20-sekündigen Soli bei den psychedelisch-angehauchten Beat-Nummern der Yardbirds statt. Und auch in den späteren Sixties und Seventies hatte Jeff gar keine Zeit für Allüren. Denn viel Zeit musste er sich stets nehmen, um seine Ideen auszuarbeiten und den musikalischen Input einer geradezu explosionshaft expandierenden Musiklandschaft zu verarbeiten. So verbrachte er das Wochenende, an dem Woodstock stattfand, lieber bei seinen Eltern in England als auf der Bühne mit Rod Stewart(!). Auch wechselte in den Seventies nahtlos vom immer prototypischer werdenden Blues-Rock über den Funk hin zum Fusion.

Nachruf auf Jeff Beck: Bei diesem Auftritt am 'The Secret Policeman's Other Ball" (Amnesty International) 1981 spielte Jeff seinen alten Kumpel Slowhand geradezu an die Wand – mit seiner von Seymour Duncan modifizierten Tele-Gib-Gitarre

Jazz im Stile von John McLaughlin und Miles Davis, Jan Hammers elektronische Sounds und auch World Music – das hat Beck fortan inspiriert. Und so lehnte er solche Angebote ab, bei den Rolling Stones („Ich möchte nicht mein Leben lang Brown Sugar spielen“) oder auch bei David Bowie einzusteigen. Pink Floyd trauten sich sogar nicht einmal Jeff zu rekrutieren, wie Nick Mason in seiner Autobiographie resümiert. Stattdessen hielt Jeff mit den unterschiedlichsten Stars der Szene Freundschaften aufrecht, ob mit Aerosmith-Sänger Steven Tyler oder mit Tina Turner, Billy Gibbons sowie Jimmy Page – den er bereits zu Schulzeiten kennenlernte. 

Nachruf auf Jeff Beck: Für seine Interpretation von "Goodbye Pork Pie Hat" bekam Jeff von Song-Urheber Charles Mingues ein persönliches Dankeschön

In den Achtzigern, die ihm nach eigener Aussage viel zu viel „Push-Button-Music“ boten, gerieten seine Auszeiten teils Jahre lang. Hier holte er sich beim Schrauben an seinen Hot-Rods die Inspiration für seinen einzigartig feinmechanischen Spielstil auf der Stratocaster. Diese bespannte er mit den ausgefallensten Saitensätzen und teils nur mit einer einzigen Tremolo-Feder, um ihr über das Spiel mit dem Whammy-Bar und dem Volume-Poti die abgefahrenstenden Sounds zu entlocken. Dieses musikalische Schraubertum wird wunderschön versinnbildlicht im Artwork von „Guitar Shop“ (1989).

Eine Darbeitung von "Drown in my own Tears" bei Jools Holland: Immer wieder tauchte Jeff mit einzigartigen Instrumental-Versionen auf, deren Interpretation mindestens so überraschend klang, wie auch Jeffs Songauswahl an sich den Hörer stets überraschte.

Quasi im Vorbeigehen steuerte Jeff ab den frühen Achtzigern Gitarrensoli für eine illustre Auswahl an Künstler bei – stets mit seinem ureigenen Twist: Mick Jagger ("She's The Boss"), Tina Turner ("Private Dancer"), Jon Bon Jovi ("Blaze of Glory" und "Miracle"), Buddy Guy ("Mustang Sally"), Roger Waters (mehrere Songs auf dem Album "Amused to Death"), Tom Jones ("Love Letters"), Toots & the Maytals ("54-46 Was My Number"), The Pretenders ("Legalise Me"), Seal (mehrere Songs auf dem Album "Seal"), Paul Rogers ("I Just Want To Make Love To You") und zuletzt Ozzy Osbourne ("Patient Number 9").

Auch den Drum-Groove für Stevie Wonders "Superstition" legte er der Soul-Legende höchstpersönlich vor – am Drumkit wohlgemerkt. Unvergessen ist auch seine Tournee mit Stevie Ray Vaughan Ende der 80s – ein Funkenflug an gegenseitiger gitarristischer Inspiration. Sehenswert zu seiner Arbeitsweise sind die Dokumentationen "Still On The Run: The Jeff Beck Story" sowie "Red, White and Blues" aus der Reihe Martin Scorsese presents the Blues

Nachruf auf Jeff Beck: Mit der Band BONES UK spielte Jeff sein triumphales Album "Loud Hailer" ein

Ab Mitte der Neunziger trat Jeff konstant mit hochtalentierten Frauen auf – zu einem Zeitpunkt, als diese noch gar nicht als ernstzunehmende Gitarren- oder Bass-Göttinnen in der Rockmusik wahrgenommen wurden. Der späte Ruhm ab seiner Auftritt-Reihe bei Ronnie Scott‘s im Jahr 2007 („die beste Woche meines Lebens“) wuchs bis zuletzt immens an. Mit „Loud Hailer“ (2016) legte sich der damals Siebzigjährige im Sinne der Jugend mit dem Establishment an, auch erfand er sein eigenes Spiel nochmal neu. Dem irre guten, Nine-Inch-Nails-artigen Input durch Carmen Vandenberg und Rosie Bones, sowie einem Leftie-Neck auf seiner Strat („ich habe völlig neue Phrasierungen gefunden“) sei Dank!

Dass Jeff Becks Kollaboration mit Johnny Depp, „18“ (2022), nun sein Requiem ist, lässt hoffentlich einige zynische Feuilleton-Autoren ein schlechtes Gewissen bekommen. Jeffs Gitarrenspiel, etwa auf dem John-Lennon-Cover „Isolation“, befand sich hier auf dem absoluten Zenit und hat sicherlich noch für lange Zeiten immense Strahlkraft.

Hi Ho Silver Lining... We will certainly miss you, Jeff!

Philipp Opitz

 

Nachruf auf Jeff Beck - hier findet Ihr weitere Links:

Einen Artikel zum Album "18" mit Johnny Depp findet ihr hier: https://guitar.de/news/jeff-beck-und-johnny-depp-neues-album-20

Ein Interview zum Album "Loud Hailer" lest ihr hier: https://guitar.de/news/zur-erinnerung-jeff-beck-%E2%80%93-interview-zu-loud-hailer

Zu seinem 70. Geburtstag führte Jeff mit uns folgendes Interview: https://guitar.de/news/zur-erinnerung-jeff-beck-%E2%80%93-interview-zu-seinem-70-geburtstag

Weitere ausfühlriche Infos zur letztjährigen Tour mit Johnny Depp findet ihr hier: https://guitar.de/news/jeff-beck-und-johnny-depp-neues-album-und-konzerte

Jeff Becks offizielle Webseite: http://www.jeffbeck.com/ 


jeff beck and johnny depp photo credit christie goodwin

Jeff Beck und Johnny Depp auf ihrer 2022er Tour (Foto: Christie Goodwin)

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