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Tech-Talk: Projekt Wormhole

Kolja Bannasch findet alte Gitarrenteile in einem verlassenen Haus in Franken – und startet daraufhin ein internationales Gitarrenbau-Projekt. Hier verrät er uns, was es mit „Projekt Wormhole“ auf sich hat.

 

Wie bist du auf die Idee zum Projekt Wormhole gekommen?

Über Beziehungen erhielt ich Zugang zu einem verlassenen, einsturzgefährdeten Haus eines alten Gitarrenbauers in Franken, in dem Rohlinge alter Gitarren-Bodies und -Hälse lagerten, eher herumlagen. Ich habe nach langen Recherchen den Bruder des Gitarrenbauers ausgemacht. Nach seinen Informationen kaufte dieser das Haus, das 1606 erstmals urkundlich erwähnt wurde, in den 1950er-Jahren. Als Mitarbeiter der Firma Höfner ließ er sich einen Teil seines Lohnes in Gitarrenteilen ausbezahlen. Mit den Rohlingen wollte er zum einen eigene Instrumente bauen und zum anderen in dem verlassenen Haus ein Museum, das dem goldenen Zeitalter des deutschen Instrumentenbaus gewidmet ist, gründen.

proj worm

(v.l.: Uwe Schmidt, Stefan Görgen, Michael Zerrath, Mick Skehan/Michael Hill)

Dazu kam es jedoch nicht, der Gitarrenbauer starb vorher. Umso schöner ist es, dass Projekt Wormhole sein Erbe vollendet. Die Teile waren in einem schlechten Zustand, vermutlich waren sie Ausschuss aus der Produktion von Rohlingen durch die vielen Heimwerker, die die deutsche Instrumentenbau-Industrie belieferten. Zudem waren die Rohlinge durch die jahrzehntelange Lagerung vom Holzwurm befallen. Dennoch waren sie zu schade, um sie wegzuwerfen. Aus diesem Grund habe ich circa 50 Rohlinge geborgen und in einer Facebook-Gruppe für (Hobby-) Gitarrenbauer gegen eine Spende für karitative Zwecke angeboten.

Was war, beziehungsweise ist die Zielsetzung von Projekt Wormhole?

Mit denjenigen, die die Bodies erhielten, habe ich das Projekt Wormhole initiiert. Ziel ist es, innerhalb eines Jahres aus dem „Ausschuss“, funktionsfähige Instrumente zu bauen. Einerseits um die Gitarrenteile vor dem Untergang zu retten, da das Haus eingerissen wird. Andererseits um Nachhaltigkeit zu demonstrieren und den Heimwerkern der deutschen Instrumentenbau-Industrie wie Höfner und Framus von einst ein gewisses Denkmal zu setzen. Schließlich sind die Projektteilnehmer selbst ebenfalls Heimwerker, ob nun zum Gelderwerb oder mehrheitlich als Hobby.

 mete cem kuzu

(Mete Cem Kuzu)

Was kannst du uns zu den gefundenen Bodies erzählen?

Soweit unsere Recherchen richtig sind, handelt es sich um Bodies des Höfner-Gitarrenmodells 4572, das von der Form her an die berühmte Gibson ES angelehnt ist. Es könnte allerdings auch Ausschuss aus der Produktion von Bodies des Ovation-Modells „Tornado“ sein. Höfner hatte die Bodies Ende der 1960er Jahre zunächst ausschließlich für die amerikanische Firma Ovation hergestellt und dann im Anschluss ein eigens Modell daraus gemacht. In einem Body habe ich einen Datumsstempel gefunden, der auf den Dezember 1967 datiert. Die Bodies sind also bereits 56 Jahre alt.

 proj worm 2

(v.l.: Michael Gorissen/Chris Weißenfels/Eva Gau (Artwork), Markus Erdmann/Lukas Sältzer (Foto), Mario Sparagna, Jan Hilbert)

Wer hat am Projekt teilgenommen?

Die Projektteilnehmer sind weltweit verteilt. Der Professionalisierungsgrad geht dabei vom „Ersttäter“ bis zum Profi, der mit dem Gitarrenbau Geld verdient. 

Die Organisation läuft dabei über eine Facebook-Gruppe, oder?

In der Gruppe haben die Projektteilnehmer ihre Arbeitsfortschritte, aber auch ihre Rückschritte in Wort und Bild dokumentiert. Die rund 1.250 Gruppenmitglieder stammen aus verschiedenen Interessensgruppen auf Facebook, ob rund ums Thema Gitarrenbauen oder Höfner- beziehungsweise Vintage-Gitarren-Fanseiten. Die Gruppe ist sehr international: Die USA sind vergleichsweise stark vertreten, gefolgt von Großbritannien, Australien und Kanada. Wir haben aber auch Mitglieder aus Afrika, Singapur und den Philippinen.

 holger beutling

(Holger Beutling)

Kannst du uns Anekdoten zum Projekt erzählen?

Es hat sich gezeigt, dass ein globales Projekt ganz unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringt. Stefan Görgen aus Deutschland hatte beispielsweise das Pech, einen durch Schimmel praktisch unbrauchbaren Body zu erhalten. Er hat jedoch nicht aufgegeben und lediglich die Decke des Bodys verwendet. Die musste er mit Epoxy fixieren und den Rest hat er aus einem Holzrohling aus dem Vollen gefräst. 

Michael Hill hatte große Probleme, in der Hitze des australischen Sommers das Öl-Finish aufzubringen. Er hat einfach den Herbst abgewartet. Dan Nork aus den USA hingegen löste das Holzwurm-Problem auf seine Weise: Er setzte den Body-Rohling einfach der Kälte des grimmigen Winters in Wisconsin aus. 

Aksel à Botny von den Faröer-Inseln behalf sich in Ermangelung von Bäumen bei der Suche nach einer Halskantel mit der Planke eines Schiffswracks.

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(v.l.: Christoph Brandenburg, Hermann Hüls-Mellmann, Carsten Haack, Christian Leupold)

Was ist bisher alles entstanden?

Bislang sind etwa 40 Instrumente entstanden. Nachdem die Body-Form vorgegeben ist, hatten die Gitarrenbauer bei der weiteren Gestaltung freie Hand, einzige Bedingung: Es muss in Form des einheitlichen Logos ein Bezug zum Projekt Wormhole erkennbar sein. 

werner wende

(Werner Wende)

Viele entschieden sich in Hommage an die Höfner 4572 für ein sehr am Original angelegtes Instrument. Es gibt jedoch auch Projektteilnehmer, die das Thema sehr künstlerisch angegangen sind und den Body bemalt, mit aufwändigen Intarsienarbeiten versehen oder komplett neu furniert haben. Die meisten Instrumente sind 6-Saiter-E-Gitarren. Aber wir haben auch eine 7-saitige Djent-Wormhole, mehrere Bässe und Baritons sowie eine 12-Saiter-Gitarre. Und Mete Cem Kuzu baut derzeit ein Wormhole-Mandocello. Ich bin gespannt, wie das klingt.

christian hackl

(Christian Hackl)

Wie geht es weiter?

Das Projekt wird sich diversifizieren. Zum einen sind noch zirka 20 Gitarren auf Basis des Höfner-4572-Bodys im Entstehen. Zum anderen startet Christian Hackl zusammen mit Grafiker und Illustrator Max Voormann, dem Sohn des „fünften Beatle“ Klaus Voormann, ein Special-Art-Project. Christian baut die Gitarren beziehungsweise Bässe, deren Decken Max künstlerisch gestaltet. Dann haben zwei der „Wormhole-Brothers“ erst kürzlich einen weiteren Schatz gehoben, mit dem das Projekt in eine weitere Runde geht. Dazu kann ich noch nichts verraten. Es gibt noch viele Hinterhof-Schreinereien in Franken … wer weiß, was da noch so rumliegt, kann niemand sagen...

Wenn ihr mehr über das Projekt Wormhole erfahren wollt, könnt ihr ganz einfach der Facebook-Gruppe beitreten unter: www.facebook.com/groups/projworm

Dieses Interview und viele weitere spannende Themen rund um die Gitarre findet ihr in guitar 05/23

 

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