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Technik-Special: Die Wissenschaft der E-Gitarre

Teure Pickups, edles Holz und fachmännische Verarbeitung im Custom-Shop – ist das wirklich notwendig, um das Bestmögliche aus einer Gitarre herauszubekommen? Um das herauszufinden, forscht Manfred Zollner seit Jahren auf dem Gebiet der E-Gitarre.

Amps und Spealer
Foto: Mandred Zollner

Es ist nicht möglich, das charakteristische Klangverhalten eines Instruments auf nur einen Faktor zu reduzieren. Nur weil etwa der Hals geschraubt wurde, lässt sich daraus nicht zwangsläufig eine schnellere Ansprache ableiten. Die gibt es auch bei geleimten Hälsen, diverse Les Pauls machen es vor. Seit Jahren streitet man sich darüber, warum was wann wie klingt und wer nun ein besseres Gehör hat, um die feinen Unterschiede wahrzunehmen. Allzuoft gibt es auf diese Fragen und Probleme keine Antwort. Es gibt keine letzte Instanz; wer sollte das auch sein? Die Fachpresse, der Profimusiker, der Hersteller, man selbst? Wir trafen den Mann, der die Forschung rund um die E-Gitarre zu seinem Pioniergebiet gemacht hat. Manfred Zollner ist sein Name.

Auf der diesjährigen Jahrestagung für Akustik (DAGA) in Garching bei München gewährte er uns einen Einblick in seine aktuellen Forschungen: „Wir versuchen, die physikalischen Funktionen der Gitarre zu untersuchen, zum Beispiel die Funktionen der Saiten. Es gibt Vermutungen – und wir wollen diese mit wissenschaftlichen Untersuchungen belegen oder widerlegen. Ein heißes Thema ist auch der Tonabnehmer. Die Hersteller sagen, es müsste ein teures Teil für 200 bis 300 Euro sein, wir Wissenschaftler sagen: Das ist ein primitives Bauteil, das man für rund zehn Euro herstellen kann. Oder die Frage, was man tun muss, wenn man einen brillanten Klang will. Da spielt zum Beispiel die Länge des Kabels eine Rolle, oder viel wichtiger: die Lautsprecher.“

Manfred Zollner
Foto: Mandred Zollner

Weg mit den Mythen

Manfred Zollner ist außerhalb der Forschung dadurch bekannt geworden, dass er den ganzen Mythos rund um die elektrische Gitarre in Angriff genommen hat – und zwar aus einer wissenschaftlichen Perspektive. 2006 erschien „Physik der Elektrogitarre“. Ein Werk, das auf über 1.200 Seiten mit vielen Irrtümern aufräumt – und dies physikalisch belegt. Unter anderem konnte er im Labor widerlegen, dass Holz überhaupt ein nennenswerter Faktor für den Klang einer

Geballtes Wissen

Der Erfolg und das Interesse am Buch waren größer als erwartet. Zollner beschloss deshalb vor rund drei Jahren, das Forum „Gitec: geballtes Wissen zu E-Gitarre & Amp. Von Wissenschaftlern und Profi-Musikern“ zu gründen. Gemeinsam mit fünf weiteren Experten stemmt er dieses Mammutprojekt nun. Dabei stellt sich die elementare Frage: Ist ein oberflächliches Wissen denn fragwürdig? Muss ich als Gitarrist mein Instrument hundertprozentig verstehen, inklusive der technischen Seite? Manfred Zollner hat da eine diplomatische Antwort:

„Wir wollen nicht den Zauber nehmen. Wenn ein Musiker mit seinem Klang zufrieden ist, dann muss er sich nicht intensiv damit auseinandersetzen. Viele Gitarristen haben aber eine technische Ausbildung und möchten sich aufgrund ihres Hintergrundwissens näher damit beschäftigen. Für diese Menschen bietet Gitec entsprechende Literatur. Wenn jemand einfache Fragen hat, kann er sich natürlich auch bei uns melden.“

 

Testlabor für E-Gitarren
Foto: Mandred Zollner

Zwar gibt es entsprechende Foren, in denen sich Musiker untereinander austauschen können. Auf einem solch hohen, professionell-wissenschaftlichen Niveau wie bei Gitec gibt es das jedoch nicht. Tatsächlich könnte man in diesem Kontext fast von Fake-News sprechen, denn oft sind es wiederkehrende Mythen, gegen die Manfred Zollner ankämpft. „Insbesondere beim Thema Kabel denken viele, dass ein geflochtenes Kabel wichtig ist oder es eine bestimmte Richtung gibt, in der ein Kabel angeschlossen werden muss. Das liegt vor allem am Marketing; da wurden bewusst falsche Informationen gestreut, um einige Produkte besser zu verkaufen.“

Zurück zum Holz: Für die Optik sei es natürlich wichtig, alles andere sei nachweislich zweitrangig. Zollner erinnert sich an den gescheiterten Versuch eines Musikers, das Gegenteil zu beweisen: „Wir haben einen amerikanischen Gitarristen gefunden, der den klanglichen Unterschied zwischen verschiedenen Hölzern beweisen wollte. Er hat mit E-Gitarren aus verschiedenen Hölzern Audiodateien im Internet hochgeladen, um den Unterschied hörbar zu machen. Wir haben dann einen Blindtest mit Testpersonen gemacht – niemand konnte einen Unterschied bemerken.“

Viel sei Einbildung oder Wunschdenken. Es sei deshalb als Musiker wichtig, sich auf das eigene Gehör zu verlassen und sich nicht von Werbeversprechen oder Erwartungen verwirren zu lassen. „Phrasen wie ‚Die Gitarre klingt mittig‘ oder ‚Das Holz muss brillant klingen‘ sind subjektive Wahrnehmungen, die viele Gitarristen aber als Wahrheiten ansehen. Ich muss mich immer selbst von einem Klang überzeugen. Oft hängt es gerade bei Aufnahmen davon ab, wo das Mikrofon platziert ist, wie ich die Gitarre anschlage und so weiter.“

Über den Tellerrand

Nun hat Manfred Zollner schon einiges erreicht: Eine gewisse Reichweite mit Gitec, und er ist eine gefragte Stimme auf wissenschaftlichen Tagungen rund ums Thema Musik und Akustik. Ein zweites, gerade erst veröffentlichtes Buch mit dem Titel Elektroakustik für Bühne und Studio fasst rund 48 Veröffentlichungen zusammen, die in den drei Jahren der Gitec-Existenz entstanden sind. Die Frage ist nur: Schaffen seine Entdeckungen den Sprung über den wissenschaftlichen Tellerrand hinaus in die Praxis hinein?

„Man muss nicht sein ganzes Leben sparen, um sich für 5.000 Euro die Custom-Shop-Relic-Variante zu kaufen, sondern kann mit etwas Nachjustieren auch einen guten Sound aus einer günstigen Gitarre herausbekommen. Dieses Bewusstsein, dass die Preise oft übertrieben sind, ist auf jeden Fall bei den Gitarristen angekommen.“ Die Mystik bleibe aber bestehen – der Markt lebe eben auch von der Vintage-Begeisterung.

Gitec-Vortrag
Foto: Mandred Zollner

Das sei zwar aus physikalischer Sicht nicht immer zu begreifen, für Zollner dennoch nachvollziehbar. „Zwischen Emotionen und reinem Marketing-Bla liegt in der Tat ein weites Feld. Wenn ein Gitarrist seinen Sound gefunden hat und sich ein Verstärker für ihn wie ein zweites Ich anfühlt, dann werden ihm die physikalischen Klangauswertungen zu Recht herzlich egal sein. Gefährlich wird es allerdings, wenn in Fernost für ein geringes Budget eine minderwertige Röhre mit dem Logo des Originalherstellers angeboten wird, diese also letztlich nichts als eine schlechte Kopie ist.“

Eine Image-Frage

Durch die wachsende Konkurrenz und die immer höheren Anforderungen seien es inzwischen auch die einfachen und günstigen Produkte, die mehr leisten müssten. „Die Anforderungen an einen Transistorverstärker werden immer größer, dadurch wird der Klang immer besser. Für viele ist es auch eine Image-Frage, ob sie mit einem Röhren-Amp, einem Kemper oder einem Transistor dastehen. Technisch gesehen ist es sinnvoll, von den Röhren wegzukommen.“ Das tut manchem Gitarristen in den Ohren weh [auch in der Redaktion – d], für Zollner ist es eine wissenschaftliche Erkenntnis

Text: Natalie Meyer

 

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