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Test: Eastman SB55/v-SV

Rock'n'Roll-Maschine

Auf das Nötigste reduziert, das große Vorbild klar im Visier und mit ausgesuchten Komponenten bestückt – das klingt nach einem sinnvollen Ansatz. Nur im Falle einer Gitarre muss ja nicht der Ansatz klingen, sondern eben, naja, ihr wisst schon. Vorhang auf für die Eastman SB55/v-SB!

Eastman 1

Ja, die schaut aus wie eine Junior. Klar, wie denn auch sonst? Der Gitarren-Designer bei Eastman Pepijn ’t Hart hat – bevor er überhaupt dran gedacht hat irgendwelche Eckpunkte einer eigenen Junior-Interpretation zu entwerfen –, sage und schreibe 20 alte Juniors aus den Jahren 1955 bis 1958 angespielt. Und da waren gute dabei, schlechte und durchschnittliche, aber eben auch sensationelle. Und damit hätte man dann auch eine Referenz gehabt. Wenn dann noch Faber-Hardware und Jason Lollar von Lollar Pickups mit ins Boot springen, kann kaum noch was schiefgehen. Die SB55 gibt es auch als Doublecut-Variante, die Zutatenlisten unterscheiden sich nicht voneinander. Die Eastman-Jungs weichen in bestimmten Details klar von der Vorlage des Originals ab, so kommt etwa Ebenholz für das Griffbrett anstelle Palisander zum Einsatz. Für den einteiligen (!) Korpus, übrigens mit Pepijns eigenem Design, basierend auf der SB59, und den einteiligen (!!) Hals kommt Okoume zum Einsatz. Dieses Holz aus der Familie der Balsambaumgewächse kennt man auch unter dem Namen Gabun-Mahagoni. Das liegt schlicht daran, dass dieses Holz einen Großteil der aus der Gabunischen Republik exportierten Hölzer ausmacht.

Jetzt aber zurück an die Arbeit, was dem Verfasser im Falle der SB55 nicht sonderlich schwerfällt. Die Singlecut ist beim ersten Rausnehmen aus dem dazugehörenden Koffer direkt ein echtes Leichtgewicht, das Antique-Varnish-Finish ist ein Klassiker bei Eastman, das Sunburst ein echter Hingucker. Das dezente Aging trägt einen guten Teil zum Wohlfühl-Faktor bei. Man kann darüber streiten, ob es sinnvoll ist, neue Gitarren auf alt zu trimmen, anfühlen tut es sich, als hätte man die Geige Jahrzehnte durch die Gegend gezogen. Gleiches gilt für den Hals, ebenfalls aus Okoume, aber eben mit einem tiefschwarzen Ebenholzgriffbrett, was ich persönlich ja ziemlich geil finde. In besagtem Griffbrett sitzen 22 auf Hochglanz polierte und erstklassig verrundete Medium-Jumbo-Bundstäbchen, der Radius des Griffbretts beträgt 12 Zoll, die Mensur 62,8 cm oder 24,75 Zoll – alles ganz klassisch.

Eastman 3

Faber-haft!

Der Hals wird natürlich eingeleimt, für den Sattel kommt Knochen zum Einsatz, die Sattelbreite beträgt 42,8 Millimeter, der Sattel ist perfekt gekerbt, da klemmt nicht mal die G-Saite. Und das will was heißen, die klemmt in der Tat gerne, einfach wegen des recht starken Abknickwinkels nach dem Sattel.

In Sachen Hardware greifen die Eastman-Jungs um Pepijn auf Faber zurück, die in Deutschland von Gottfried Fischer entwickelt wird und in Sachen Präzision ganz weit vorne mitspielt. Mal davon abgesehen, dass auch das Aging der Hardware tiptop ausschaut. Die Mechaniken sind Kluson-Typen, die anstelle der weißen Plastikknöpfe des Originals solche aus Metall bekommen haben, die Form ist gleich geblieben. Sie laufen rund und präzise, erledigen ihren Job und sehen klasse aus. Das reicht uns. Am anderen Ende der Saiten findet sich der Endgegner in Sachen Intonation (also, wenn man den Gitarristen aus der Gleichung nimmt) – die Wraparound. Diese simple Brückenkonstruktion hat viele Vorteile (keine mechanischen Teile, keine beweglichen Teile, viel Kontakt zum Korpus), die dem Ton förderlich sind, aber eben auch handfeste Nachteile, hauptsächlich die Justierung der Oktavreinheit. Diese einzustellen ist einfach nur in einem engen Rahmen möglich, die Wrap-around in ihrer Urform ist ja nix anderes als ein Stop-Tailpiece mit drübergeführten Saiten. Es gibt diverse Lösungsansätze, die von integrierten und verstellbaren einzelnen Saitenreitern bis hin zu klar vorgegebenen Auflagepunkten für die Saiten gehen. Der Ansatz der klar definierten Auflagepunkte bietet meiner Meinung nach den besten Kompromiss zwischen der klaren Kante in Sachen Sound und Tonentwicklung einerseits und der bestmöglichen Intonation andererseits. Und die Faber-Wraparound macht das fantastisch! (Checkt die KMS Whiiptail ein paar Seiten weiter hinten, die macht ebenfalls spitzenmäßig!) Anders kann man das nicht sagen. Klar eine TOM ist immer eine Spur präziser einstellbar, aber mehr Rock’n’Roll versprüht die Wraparound. Ist so, da lass ich nicht mit mir reden …

Eastman 2

Der Sound

Es gibt Gitarren, mit denen muss man warm werden. Man erkennt vielleicht ihre Qualität auf Anhieb, bis daraus Zuneigung oder gar echte Liebe wird, das dauert mitunter, manchmal wird’s einfach auch gar nix. Die SB55 ist keine davon, die nimmt man (also in diesem Fall spreche ich nur für mich) aus dem Koffer, das Feeling ist gut, es riecht nach Gitarre, der Hals liegt smooth in der linken Hand, ein G-Dur angehauen, das Ding schwängt und der Tester ist begeistert. Wahrlich, Brüder und Schwestern, ich sage euch … Blödsinn, diese Gitarre ist schon ohne Amp so schwingfreudig und attackreich, sie fordert die nächste Note direkt ein und schon beim akustischen Spiel kann man sich grob ausrechnen, wie die SB55 mit einem Amp im Nacken klingt. Also, den AC15 angeschlossen und den Lollar-P-90, der übrigens eher als Medium-Output-Kollege durchgeht, auf den Normal-Kanal losgelassen – es ringt und klingt und perlt und twangt, da geht einem das Hös… ’tschuldigung, das Öhrchen auf. Als Regelmöglichkeiten gibt’s ein Volume- und ein Tone-Poti. letzteres ist ein No-Load-Poti. Das bedeutet, dass am Ende des Regelwegs, wenn das Poti voll aufgedreht ist, es dann quasi komplett aus dem Signalweg genommen wird. Das kann man sich ein wenig wie die 11 bei Spinal Tap vorstellen. Auf 9 ist alles ganz normal, wenn man einen Extra-Push braucht, dann dreht man auf 10 auf. Rein haptisch macht sich das durch einen kleinen Widerstand beim Drehen bemerkbar, was einem beinahe das Gefühl eines Boost-Schalters gibt. Dann brüllt einen die SB55 gerade in Verbindung mit einem Overdrive-Pedal an und knallt ein richtiges Brett raus. Kleinste Veränderungen der Anschlagsposition und der Poti-Stellungen lassen eine breite Palette an Sounds entstehen, über begrenzte Möglichkeiten kann man sich hier nur beklagen, wenn man nicht Willens ist, sich mit der SB55 zu beschäftigen. Am Hals angeschlagen, Tone-Poti auf 5 und es kommt einem aus dem Lollar-P-90 ein schmatzender Sound in Neck-Pickup-Manier entgegen. Zugegeben, eine solche Gitarre ist in vielerlei Hinsicht eine Gitarre, die Akzente setzen kann, die im Studio eine zusätzliche Farbe ist, aber wenn man sich hinsetzt und sich damit beschäftigt, dann kann sie so viel mehr. Ihr wollt noch einen Beweis absoluter Detailverliebtheit. Ok, das Pickguard ist nicht aus Plastik, sondern aus einem Material, das nahezu an das originale Bakelit (quasi der Vorgänger heutigen Plastiks) rankommt.

Das bleibt hängen

Die SB55v/SB ist ein Volltreffer. Die Verarbeitung ist spitzenmäßig, Hardware und Pickup sind erstklassig. Klangausbeute und Tonentfaltung sind so viel größer und vielseitiger, als es die simple Konstruktion vermuten lässt, der Verfasser kann an dieser Stelle nur empfehlen, einen Griff zu riskieren. Das Risiko sich zu verlieben ist hoch, sollte aber gewagt werden.

Eastmanspecs

Text & Fotos: Stephan Hildebrand

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