Gretsch G5622T – Orange ist das neue Schwarz (Test)
Gretsch schließen – endlich, muss man sagen – die Lücke im 100-Euro-Schleifen-Bereich. Der war für Gretsch-Freunde bisher nicht besiedelt. Bis jetzt, wohlgemerkt, denn hier ist die Gretsch G5622T!
Ab und an bekommt man als Redakteur auch mal das Zuckerbrot (und nicht nur die Peitsche vom Chefredakteur), in diesem Falle heiß serviert von Gretsch in Form der G5622T Centerblock Doublecut Bigsby. Die erste Begegnung fand auf der NAMM 2017 statt, wenngleich aufgrund des Lärms und des fehlenden Amps eher rein optischer und haptischer Natur. Nichtsdestotrotz hat die G5622T dem Verfasser schon damals gefallen.

Was ein Wunder, bekommt man mit ihr doch endlich all das, was man bisher erst bei den höherpreisigen Modellen bekam, so etwa die Thumbnail-Inlays. Mag sein, dass das wie eine Kleinigkeit anmutet; es machte die teuren Gretsch-Modelle aber eben ein Spur anmutiger und detailverliebter als die im Vergleich ein wenig grobschlächtig wirkenden großformatigen Inlays der günstigeren Electromatic-Varianten.
Ein heißes Eisen
Aber jetzt scheißen wir uns mal nix, sondern kümmern uns um dieses heiße Eisen. Ins Auge sticht sofort der in durchscheinendem Orange gehaltene Korpus, der in gewohnter Manier aus gesperrtem Ahorn gefertigt wurde; fünf Lagen dürften es wohl sein. Unter der Bezeichnung Korpus haben wir salopp dessen Bestandteile Decke, Boden und Zargen zusammengefasst, wenngleich diese drei Elemente eigentlich separat betrachtet gehören. Kann man in diesem Fall aber machen, denn alle drei bestehen aus gesperrten Ahorn.
Die Typenbezeichnung trägt einen weiteren Bestandteil der Korpuskonstruktion im Namen: Centerblock. So bezeichnet Gretsch das Teil, das bei der ES-335 Sustainblock heißt und die gleiche Funktion übernimmt: die Verbindung von Boden und Decke herzustellen. Das hindert letztere zu gewissen Teilen am Aufschaukeln und hilft so dabei, Feedbacks zu minimieren. Obendrein bietet ein solcher Block ein vertrauenswürdiges Fundament, um die Tonabnehmer, in diesem Fall ein Pärchen Super-Hilo-Tron-Humbucker, und die Tune-o-matic-Bridge aufzunehmen.
Gretsch – nichts anderes
Ein schickes Detail am Rande: Das Binding rund um die obere und untere Kante ist vierlagig. Wir erinnern uns: Das der Les Paul war einlagig, das der Les Paul Custom fünflagig. Einlagig setzt es sich bei unserer Gretsch am Hals und der Kopfplatte fort. Der Hals trägt in klassischer Manier seine 22 Medium-Jumbos, verteilt auf eine Mensur von 24,6 Zoll, womit man noch unter der kürzeren Gibsonmensur liegt. Knapp 43 Millimeter Sattelbreite, ein 12,6“-Griffbrettradius und der Nubone-Sattel aus dem Hause Graphtech sind Tiptop-Standard und dürften kaum Probleme bereiten.

An dieser Stelle bleibt schlicht festzustellen: Eine Gretsch ist eine Gretsch. Nichts anderes, Gemeinsamkeiten gibt es maximal mit, richtig, einer anderen Gretsch. Nebenbei erwähnt, ist es doch erstaunlich, wie vielfältig die Gitarrenwelt ist und war – und dass die originären Designs allesamt aus einer ähnlichen Designperiode stammen.
In dieser Hinsicht reiht sich die vorliegende Gretsch in den Reigen von Telecaster, Stratocaster, Les Paul und ES-335 ein. Die 1950er in den Vereinigten Staaten mit ihrer ureigenen Ästhetik standen hier wegweisend Pate.
Autor: Stephan Hildebrand
Fotos: Christopher Przybilla
Den kompletten Test könnt ihr hier nachlesen!