Fender American Performer Series Stratocaster (Test)
Auf den ersten Blick erfinden Fender mit American Performer Series das Rad der Stratocaster nicht neu. Ein zweiter Blick lohnt dennoch.
Mit großem Bohei, Bombast und vor allem viel Geheimniskrämerei im Vorfeld gibt’s ab sofort Fenders neue American Performer Series, die die American Special Series ablöst. Wem das bekannt vorkommt: Ganz ähnlich erging es im letzten Jahr der American Standard Series, die von der American-Professional-Serie abgelöst wurde. Wer ein Muster findet, gerne in der Redaktion abgeben ...
Spaß beiseite, denn Fender haben ihren Klassikern nicht einfach nur einen neuen Anstrich verpasst, es wird hier also nicht einfach alter Wein in neuen Schläuchen an den Mann respektive die Frau zu bringen versucht. Die Oberfläche des nach wie vor ungemein ergonomischen Stratocaster-Korpus in einem Hammer-Lake-Placid-Blue daherkommt, aber eben nicht in Hochglanz sondern in Matt. Und das schaut richtig edel aus – zumal es in Kombination mit der dezent mintgrün-geageten Farbgebung von Schlagbrett, Potiknöpfen, Pickup-Kappen und Schalterknopf harmoniert.
Ahornhals punktet so ganz und gar nicht Vintage-mäßig mit einem moderat-schlank gehaltenen C-Profil, einem angenehmen 9,5”-Griffbrettradius und 22 spiegelblank polierten Jumbo-Bünden. Summa summarum ergibt das eine bequem-flotte Bespielbarkeit.
Auch weite Bendings sind dank des flacheren Radius bequem machbar, Saiten wie die e- und h-Saite liegen nicht in der Mitte des Griffbretts auf, wenn man etwa am 15. Bund mehr als einen Ton nach oben benden möchte. Das kann man als Zugeständnis an die Moderne interpretieren, meines Erachtens nach bedingt allein die Namensgebung (Performer Series), dass man sich hier vorrangig um die Player unter uns kümmert. Was man auch getan hat, das lässt sich festhalten.
Selten kam eine Gitarre derart gut eingestellt in unseren Test-parcour. Die .009er-Saiten wären mir auf Dauer zu dünn, Saitenlage und Intonation waren sauber eingestellt, auch die konstruktionsbedingten Verstimmungen der G- und h-Saite aufgrund der Saitenniederhalter waren hier auf ein absolutes Minimum reduziert. Sein Scherflein dazu beigetragen hat sicherlich auch der sauber gefeilte Sattel aus synthetischem Knochen.
Erwähnen muss man an dieser Stelle eine weitere Neuigkeit, die man ebenfalls nicht auf den ersten Blick erkennt: die Mechaniken. Denn trotz ihres klassischen Vintage-Looks sind diese nicht wie üblich mit einer Schraube auf der Kopfplatten-rückseite gegen Verdrehen gesichert, sondern besitzen zwei Stifte, die in entsprechenden Bohrungen sitzen und die Mechanik fixieren.
Der eigentliche Clou ist aber, dass man den neuen Mechaniken eine 18:1-Übersetzung spendiert hat, was präziseres Stimmen und ein moderneres Stimmgefühl zur Folge hat – gute Sache! In Sachen Bespielbarkeit muss man dieser Strat ein Tipptopp-Zeugnis ausstellen – das passt einfach. Auch Nicht-Strat-Freunden sei angeraten, einen Griff zu riskieren, das ist schon alles sehr gefällig hier.
Der Kracher für mich persönlich sind aber die neuen Yosemite-Pickups. Vor allem die Schaltung ist der Hammer. Die Fenders Greasebucket-Schaltung reduziert die Höhen effektiv und entschärft, ohne dass dabei Gain und Druck verloren gehen. Das im zweiten Poti ist es vor allem das im zweiten Tone-Poti versteckte Push-Pull-Poti, das dieser Gitarre auch noch den letzten Bonus einbringt.
Während dieses Poti bei den HSS-Varianten den Humbucker splittet, aktiviert es bei unserer SSS-Variante den Hals-Pickup – egal, wo sich der Fünfwegschalter gerade befindet. Zugegeben, in den beiden Stellungen, in denen der Halskollege eh aktiv ist, passiert nichts, aber – und jetzt kommt das große Aber – am Steg ist’s der Wahnsinn.
Kein Gefälle
Wollte man bisher in einer Strat den Steg- mit dem Hals-Pickup kombinieren, dann konnte man die Anschlussdrähte am Schalter vertauschen, so dass die Mittelstellung der Steg solo war, dann fehlte aber die Mitte-Hals-Kombination, alles nicht so ideal. Hier schaltet man auf Steg, zieht am Poti, und die Strat wird zur Tele. Nun, nicht ganz natürlich, aber der perlig-twangige Charakter dieser Zwischenposition erinnert schon deutlich an die große Schwester.
Die Performer-Strat ist im klanglichen Gesamteindruck meines Erachtens eher in der modernen Ecke anzusiedeln. Der mittlere Singlecoil ist ein Reverse-wound-Typ, die Mittelstellungen sind also brummfrei; hier stellt sich der Humbucker-Effekt ein.
Die Performer-Series-SSS-Strat deckt dabei vom Knopfler-Clean bis zum SRV-Rauch alle Kernbereiche, für die man eine Strat hernimmt, erstklassig an, wenn sie auch ihre moderne Attitüde nie versteckt – sie ist ein Player und will auch als solcher gesehen werden.
Das bleibt hängen
Fender erfinden das Rad nicht neu, aber sie haben der Strat ein paar fette Updates spendiert. Dieses geht deutlich über das hinaus, was in Custom-Shop-Kreisen als Innovation gefeiert wird. (Ich erinnere an die Sensation beim Konkurrenten mit dem großen G: die originale Kunststoffzusammensetzung der Potiknöpfe von 1959 …).
Hier scheint der Geist von Leo Fender aus jeder Pore: Praxisnähe, Bespielbarkeit, kein Firlefanz, sondern ein echtes Player-Instrument für die Bühne, das Studio und all jene Gelegenheiten, bei denen Gitarrist und Gitarre einfach abliefern müssen. Über den empfohlenen Preis von knapp 1.150 Euro kann man ebenfalls nicht schimpfen, schon gar nicht für eine Made-in-USA-Strat dieser Güte. Definitiv ein Volltreffer! Und das sagt ein Tele-Liebhaber ...
Text: Stephan Hildebrand
Fotos: Christopher Przybilla